Mit dem Wohnmobil durch Frankreich – Teil 2
Mittwoch, der 08. 10. 08, es ist bewölkt und eigentlich ist uns hiermit die Entscheidung leicht gemacht worden, heute weiter zu ziehen. Wir frühstücken noch ausgiebig und dann geht es ab, über die N 85 bis Le Logis du Pins. Schon bald zweigen wir ab auf die D 21 nach Comps-sur-Artuby. Ja, die kleinen französischen Landstraßen sind einfach reizvoll: traumhaft schöne Landschaften, verträumte malerische Orte, jede Menge schöner Plätze zum Rasten, und, und, und… Über die D 25 geht es nun weiter durch Militärgebiet (Militaire de Canjuers)…Wir sind hier teilweise über 1.00 m hoch! … Was kann sich die französische Armee glücklich schätzen, in solch einem herrlichen Landstrich üben zu dürfen…Ob die um ihr Glück wissen? … Wohl eher nicht!
Der Weg führt uns weiter nach Draguignan, über Trans-en-Provence, nach La Motte, Le Muy bis Fréjus, wo wir in „unserem“ Supermarkt erst einmal so richtig schlendern und uns bevorraten. „Unser Géant“! Da kommt kein deutscher Supermarkt mit! Allein das Angebot an frischem Fisch, an Obst und Gemüse,…von den Klamotten zu schweigen…ein Paradies! Selbst mein Mann mag französische Supermärkte. – Und wie immer sind hier auf dem riesigen Parkplatz wieder jede Menge Wohnmobile zu finden. – Wir kaufen für mindestens vier Tage ein, denn wer weiß, wohin es uns verschlägt…
Nun will mein Mann aber auch mal fahren! Zähneknirschend lasse ich es zu…ich könnte den ganzen Tag hinter dem Steuer unseres Wohnmobils sitzen. Es gibt mir das Gefühl der absoluten Freiheit!
Vorbei geht es an „unserem“ Campingplatz „Le Paradis des Campeurs“ in Les Issambres. Sollen wir da bleiben? Nein, da waren wir doch erst im Frühling, und in dem Jahr davor, und in dem Jahr davor, und… – Wir entscheiden uns, weiterzufahren. Mittlerweile zeigt das Thermometer 22°C. Herrlich! Und die daheim frieren bestimmt!?
Weiter geht es durch St. Maxime, vorbei an Port Grimaud und St. Tropez, bis nach Ramatuelle, wo mein Mann hofft, einen schönen Stellplatzt zu finden – zuminderst versichert uns das der Bordatlas (Stellplatzführer). Es ist gar nicht so einfach, den Stellplatz am Point de la Bonne Terrasse zu finden, denn hier haben wir es wieder einmal mit einer typisch französischen Beschilderung zu tun. Nachdem wir schon bereits geglaubt hatten, uns verfahren zu haben und am Ende der Welt angelangt zu sein, finden wir ihn endlich: Ein großer und schöner Stellplatz für nur 7,10 € die Nacht mit Dusche und WC bei Bedarf, – allerdings ohne Strom! Aber wer braucht letzteren schon? Höchstens mein Mann für seine Sportsendungen…Und wer gedacht hätte, um diese Jahreszeit wäre keine Socke so weit ab von der Zivilisation, der täuscht sich! Die angrenzenden Feriendomizile sind zwar alle verwaist, der Stellplatz aber ist gerammelt voll! Nur das Meer kann man von hier aus leider nicht sehen, es hat sich hinter dem Schilf versteckt.
Nachdem der nette Platzwart uns abkassiert und reingelassen hat, suchten wir uns erst einmal ein schönes Plätzchen. Aber Achtung! Nicht unter Bäume, denn das gibt Kratzer am Alkoven! Wir finden einen Platz zwischen Bäumen, denn schließlich braucht man ja vielleicht Schatten bei der „Hitze“ im Oktober!? – Wir richten uns ein, platzieren die Obstschale, werfen den Kühlschrank an etc. und dann geht es natürlich erst einmal ab an den Strand…Herrlich, ein Meer fast für uns allein. Beide sind wir uns allerdings schnell einig: Im Sommer möchten wir hier nicht abgemalt sein, da wird es wohl nur so vor Touristen wimmeln…Wir entschließen uns, ein wenig auf den nahe gelegenen Klippen zu wandern. Das gaben wir allerdings nach einer kleinen Etappe schnell wieder auf: Zu gefährlich! Keiner von uns hatte das passende Schuhwerk…Gut, dass wir uns entschlossen hatten, umzukehren, denn schon fing es an zu regnen. Das wäre ja was geworden: Auf diesen steilen Klippen und dann mit Sandalen und Badelatschen!
Am Wohnmobil angekommen bereite ich das Abendbrot vor, während mein Mann liest. Es gibt Grevettes mit Baguette, Salat, Oliven und Käse; zum Nachtisch gute französische Weintrauben. Welch ein Festmahl!!!! Der Rotwein fehlte selbstverständlich auch nicht.
Nach einer Runde Scrabble, ein paar Kreuzworträtseln und ein paar gelesenen Zeilen in unseren Büchern ging es ins Bett. Schließlich hatten wir ja mal wieder jede Menge Eindrücke am Tag gesammelt, und das macht müde…
Der Platz ist stockdunkel! Ganz anders als in Castellane, wo alles dezent und romantisch beleuchtet war…Hier sieht man die Hand vor Augen nicht, fast unheimlich…nur das Prasseln des Regens lässt erahnen, dass dort draußen was los ist…allerdings wird es immer stärker und man hat langsam den Eindruck als ginge die Welt unter! Meine Befürchtung ist allerdings eher eine andere: Versinken wir hier evtl. im Sand – denn auf dem stehen wir – und kommen da nicht mehr alleine ohne Hilfe heraus?
Aber meine Ängste haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Am Morgen ist alles ganz anders: Zunächst ist es noch ein wenig diesig, aber der Boden unter uns scheint normal zu sein…wo ist nur das ganze Wasser hin?
Um 8.00Uhr kommt der Bäcker auf den Platz gefahren (oder richtiger: gebraust), die einzige Möglichkeit, hier im Umkreis von ca. 15 km etwas einzukaufen. Alle, die an diesem verbeulten Renault anstehen wirken noch sehr verschlafen…mir geht es nicht anders, aber wenn man frisches Baguette haben möchte, muss man eben seine Opfer bringen…
Da ich nun schon mal wach bin, gehe ich gleich noch mit Julie an den Strand…Nach der Rückkehr bereiten wir unser Frühstück vor, was wir nun auch draußen genießen können, da die Sonne nun beginnt kräftig zu scheinen. Danach ziehen wir uns unsere Wanderschuhe, kurze Hosen und den Rucksack an – und ab geht es bei Sonne und viel Wind Richtung Klippen. Wir wollen zum Leuchtturm. Hierbei handelt es sich um den 130 m hohen Leuchtturm von Camarat, der 1977 automatisiert wurde. Da wir uns schon dachten, dass der Weg evtl. beschwerlich sein könnte, packten wir genügend Proviant ein. Im Nachhinein erwies es sich wohl als die beste Idee, die wir je hatten!
Zunächst einmal ging es bis zur Kreuzung, wo sich der Wanderweg gabelte: einmal Richtung „Inland“ und einmal zu den Klippen. Wir entschieden uns für den sichereren Weg, da wir ja bereits am Tag vorher sehen konnten, wie gefährlich der Klippenweg war und heute durch den vielen Wind, die Wellen und den feuchten Boden uns bestimmt noch ein paar Gefahren mehr erwarten würden…Aber auch dieser Weg hatte seine Reize: Wir konnten viele tolle Pflanzen entdecken, fanden einen Gecko, mehrere Eidechsen huschten an uns vorbei und sogar eine Gottesanbeterin konnten wir auf die Hand nehmen. Der Anstieg war recht ordentlich aber gut zu bewältigen.
Am Leuchtturm angekommen wurden wir mit einer herrlichen Aussicht belohnt. Der Turm selber war eher eine Enttäuschung: nicht begehbar, viel zu modern …
Nun entschlossen wir uns, ein wenig Richtung Klippen zu gehen, da wir unter uns eine Plattform vernahmen, von der aus man sicherlich eine herrliche Aussicht haben müsste. –
Auf lehmroter Erde stiegen wir hinab, der Boden war total uneben und man musste gut aufpassen, dass man nicht hinfiel. Unterwegs begegnete uns eine recht magere Französin, die uns auf unseren Hund hin ansprach, denn ihr Schäferhund zeigte Interesse an unserer Julie. Ja, so ist das: die Deutschen haben einen französischen Hütehund, denn Julie ist im Périgord geboren, und die Franzosen besitzen einen deutschen Schäferhund…Mitteilsam wie die Franzosen sein können, wenn sie merken, dass man ihrer Sprache mächtig ist, erzählte sie uns gleich ihre ganze Lebensgeschichte: Sie ist allein stehend und schwer krank, wandert aber jeden Tag mehrere Stunden mit ihrem Hund, der auch bereits ziemlich alt ist, durch die Gegend…Nachdem wir uns gegenseitig noch einen schönen Tag wünschten ging es weiter.
Auf der Plattform angekommen, konnten wir uns nicht satt genug sehen an dem herrlichen Blick aufs Meer und der kleinen vorgelagerten Insel. Wir setzten uns erst einmal hin und genossen den blauen Himmel sowie das ebenso blaue Meer, die Sonne und unser eingepacktes Frühstück… Schnell waren wir uns einig, dass wir nun – frisch gestärkt – doch den gefährlicheren Abstieg über die Klippen wagen würden. Schließlich hatten wir ja die richtigen Schuhe an! Eines musste mein Mann mir allerdings versprechen: Sollte ich unterwegs der Meinung sein, doch lieber umkehren zu wollen, so tun wir es ohne Gemecker!
Es war ein beeindruckender Weg, allerdings eigentlich nichts für meine Höhenangst…an einer Stelle musste ich nach der Hand meines Mannes fassen, da wurde der Weg sehr schmal, glitschig und es ging extrem steil nach rechts zum Meer hinunter…Wir wanderten über Stock und Stein, hatten mit vorhängendem Buschwerk zu kämpfen und schwitzten nun sehr. Und dennoch, der Blick in die Ferne, aufs Meer und in den blauen Himmel stimmten uns positiv. Es ist erstaunlich, wie viel positive Energie man aus derartigen Momenten schöpfen kann!
Zwischendurch trafen wir auf ein paar ebenso wagemutige Wanderer, die allerdings den schlimmsten Weg noch vor sich hatten – nämlich den, den wir nun bereits hinter uns hatten.
Ziemlich weit unten stießen wir auf ein deutsches Ehepaar, das ebenfalls die Klippen erklimmen wollte. Da die Frau Sandalen anhatte, erzählten wir von der Strecke und rieten ab. Sie wiederum „revanchierten“ sich mit einer anderen Information: Ein Wildschwein wollten sie auf den nächsten Klippen gesichtet haben…Wer’s glaubt wird selig!!! Wildschweine hier am Meer, direkt da, wo die Leute sind? Nee, mein Wildschwein hatte ich ja bereits vor ein paar Tage am Straßenrand in der Dunkelheit gesehen…
Froh gemuht und guter Dinge ob der Tatsache, dass wir die schlimmste Strecke nun gut hinter uns hatten, gingen wir weiter. Plötzlich konnte ich nur noch nach meinem Hund brüllen und ihn an die Leine nehmen: Direkt vor mir stand ein Frischling! So etwas habe ich selbst bei uns in den tiefen hessischen Wäldern noch nie gesehen…Ich weiß nicht, wer von uns beiden blöder dreingeschaut hat. Als ich gerade nach meinem Mann rufen wollte, der ein paar Meter hinter mir ging, war es auch schon in den Büschen verschwunden…Das glaubt einem ja fast keiner!?
Am Platz angekommen bereiteten wir uns noch einen leckeren Kaffee und schlenderten über den Platz. Man kann dabei immer wieder nur staunen, was es für Wohnmobile gibt! Wie viel Millionen von Euro hier auf so einem Platz stehen…
Mein Mann nahm anschließend vor unserem Camper platz und sah den Franzosen beim Boule-Spielen zu; ich las ein wenig.
Spät am Abend gab es Muscheln, Baguette, Nudeln, Salat und Rotwein. Dieses opulente Mahl hatten wir uns nach der Wanderung auch reichlich verdient!?
Am nächsten Morgen – wir sind nun bereits eine Woche von daheim weg – heißt es wieder früh auf, denn der Bäcker kommt um 8.00 Uhr…Wer von uns würde daheim freiwillig so früh aufstehen??? Keiner!
Wieder ist das Baguette-Holen mein Part. Anschließend geht es mit Julie an den Strand, denn mein Mann liegt noch im Bett. Als wir zurückkommen, hat er allerdings bereits den Kaffee gekocht und den Tisch gedeckt. Beim Frühstück gibt es – neben dem Plausch mit dem Nachbarehepaar – eine Lagebesprechung: Was tun wir heute?
Wir entschließen uns dazu, den Rucksack sowie die Angelsachen zu packen und Richtung Klippen zu gehen um einen Badetag einzulegen. Es ist bereits jetzt schon herrlich heiß, der Wind hat sich gelegt und das Meer ist ruhig. Also suchen wir uns eine einsame Bucht, wo wir uns ausbreiten können. Mein Mann angelt – mit Erfolg – und ich wechsele mich ab mit Lesen bzw. Stricken. Natürlich gehen wir auch alle drei ins Wasser: mein Mann freiwillig, ich wegen meiner Schuppenflechte und um nicht als „Feigling“ dazustehen und Julie, weil man ja Frauchen und Herrchen nicht alleine lassen kann…
Zur Kaffeezeit gehen wir wieder an den Platz. Nun heißt es duschen, Kaffee trinken und Boule spielen. Anschließend wasche ich noch ein wenig Wäsche durch und mein Mann füllt unseren Wassertank auf.
Vor dem Abendessen unternehmen wir einen kleinen Rundgang in die andere Richtung: vorbei an Oleanderbüschen und Eukalyptusbäumen sowie Korkeichen kommen wir durch eine Feriensiedlung, die allerdings zu dieser Zeit vollkommen verlassen ist. Über den Strand geht es wieder auf unseren Platz, wo wir zu Abend essen, mit den Töchtern telefonieren, lesen, rätseln, spielen und schließlich schlafen…Manchmal fragt man sich: Womit hat man solch ein schönes Leben verdient?!
Am nächsten Tag entschließen wir uns, aufzubrechen. Es wird ausgiebig gefrühstückt und das Wohnmobil wird hergerichtet. Dann geht es ab Richtung St. Tropez. Gerne würde ich mir diese mondäne Stadt einmal ansehen, aber mein Mann behauptet stock und steif, das ginge nicht, da man dort keinen Parkplatz bekäme! Als wir dicht an St. Tropez sind, begegnet uns ein Porsche nach dem anderen; nach der Zahl 17 habe ich aufgehört zu zählen. Die fahren wohl jetzt um 11.00 Uhr zum Frühstück mit Kaviar und Champagner? Neidisch? Nein, kein bisschen, denn da geht ja noch nicht mal mein Hund rein, so eng ist es darin…und eine Dusche sowie eine Toilette führen sie auch nicht mit sich so wie wir. Nein, tauschen möchte ich nicht! Höchstens mit deren Bankkonto!
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